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Mit rund 160.000 Alltagsgegenständen, Kunstwerken und sakralen Objekten aus Afrika, den Amerikas, Asien, Australien und Ozeanien beherbergt das Linden-Museum eine der größten ethnologischen Sammlungen in Europa. Darüber hinaus umfasst die Sammlung auch fotografische Medien und Archivalien.
Über Schwerpunkte, Entstehung und heutige Strategien des Sammelns informieren die folgenden Beiträge zu den regionalen Sammlungen.
Die vom „Orient“-Referat betreuten Sammlungen umfassen ca. 15.000 Objekte. Geografisch umfassen die Sammlungen und Erwerbungen des 1974 eingerichteten Referats hauptsächlich Nordafrika, West- und Mittelasien sowie Teile Südasiens. Dabei handelt es sich um Gebiete, die bereits im 7./8. Jh. durch arabisch-muslimische Heere erreicht, erobert und, mindestens teilweise, islamisiert wurden. Auch in den heutigen Nationalstaaten leben, oft mehrheitlich, Muslim:innen, und ist ein Bewusstsein für gemeinsame Geschichte, Sprachen, kulturelle Prägung und Beziehungen vorhanden – bis hin zum Thema der Unabhängigkeit von den europäischen Mächten und Staaten im 20. Jahrhundert.
Der für diese Region und das akademische Fach in diesem Zusammenhang noch häufig verwendete Begriff „Orient“ (sowie „Orientalistik“) und die damit verbundene eurozentrische Perspektive werden heute zunehmend kritisch hinterfragt. Das Referat betreut außerdem Sammlungen aus Nordasien („Sibirien“).
Frühe Sammlungen (Ende 19. Jh. / Anfang 20. Jh.)
Vor der Gründung des Linden-Museums und in dessen Anfangsjahren gingen Sammlungen etwa von Objekten aus Ägypten, aus der späteren Türkei, Syrien, Palästina, Nordwestafrika und der arabischen Halbinsel ein. Das Interesse galt im Falle Ägyptens insbesondere Alt-Ägypten. Zum Sammlungsbestand zählt bis heute eine Sammlung der ältesten Schattenspielfiguren der islamisch geprägten Welt. Die meisten (Alt-)Ägyptiaca wurden später abgegeben und befinden sich in Tübingen.
Ende des 19. und Anfang des 20. Jh. versuchte Deutschland politisch, aber insbesondere wirtschaftlich in Nordwestafrika an Einfluss zu gewinnen. In dieser Zeit erhielt das Museum Sammlungen mit Alltagsgegenständen und Bazarware, teilweise auch Schmuck und Waffen aus diesem Gebiet. Der als „schwäbischer Orientforscher“ bekannt gewordene Julius Euting (1839-1913) vermachte dem Linden-Museum seine teils verloren gegangene Sammlung, die sowohl zeitgenössische Alltagsgegenstände als auch Schmuck, Waffen und zahlreiche Textilien beinhaltet. Euting hatte diese Gegenstände auf seinen Reisen erworben, die ihn etwa auf die arabische Halbinsel führten.
Größere Sammlungen der Altbestände bewahrt das Linden-Museum auch aus Sibirien (zwei Sakha-Sammlungen).
Stuttgarter Badakhshan-Expedition (1962/63)
In vergleichsweise geringem Maße wuchsen die Bestände seit dem Ersten Weltkrieg bis Anfang der 1950er Jahre. Seit Mitte der 1950er Jahre wurden neue Objekte zielgerichteter erworben. Der damalige Asien-Referent Friedrich Kussmaul konzentrierte Sammlungsbemühungen nach seinem Forschungsinteresse auf „Innerasien, den iranischen Raum in seiner historischen Tiefe und Nomadenkulturen“. Er initiierte und leitete die Stuttgarter Badakhshan-Expedition (SBE), die größte Forschungsreise des Linden-Museums (1962/63). Zusammen mit der Sammlung der Deutschen Hindukusch-Expedition bildet dieser Expeditionsbestand die größte und wissenschaftlich bedeutendste Sammlung am Referat.
„Sammlungsreisen“ und Kunsthandel: Erwerbungen der 1970er bis 1990er Jahre
Für Erwerbungen standen ab 1974 die staatlichen Kunstmittel zur Verfügung. In den 1970ern bis 1990er Jahren wurden mehrere Großsammlungen über den Kunsthandel erworben. Die problematischen Provenienzen zahlreicher Sammlungsstücke wurden erst in den letzten Jahren aufgearbeitet.
Der Orient-Referent Prof. Kalter führte in den 1970er und 1980er Jahren auch „Sammlungsreisen“ durch – etwa 1977 nach Marokko, 1978 nach Iran, Afghanistan und Pakistan. Erwerbungen dienten oftmals der Vorbereitung von Ausstellungen. Besonders zielgerichtet wurde für die Vorbereitung der Mitte der 1980er Jahre eröffneten Dauerausstellung angekauft, darunter auch Sammlungsstücke zum Thema „Religion“ – etwa Koranhandschriften oder Buchkunst. Über den Kunsthandel wurden auch weitere, undokumentierte ethnologische Sammlungen (vor allem Textilien, Schmuck, Hausrat) angekauft, etwa aus Syrien oder Mittelasien. Provenienzen sind hier nur schwer zu ermitteln.
Heutige Sammlungsstrategien
In den letzten Jahren wurden sinnvolle Ergänzungen bestehender Sammlungsschwerpunkte angekauft oder als Schenkungen angenommen. Diese Sammlungen stammen überwiegend aus Privatbesitz und zeichnen sich durch gute Dokumentation und den Mehrwert sammlungsbezogener Geschichte(n) und Erinnerungen aus. Verstärktes Co-collecting, etwa in Bezug auf Mittelasien (Usbekistan), ist ein zentraler Anspruch des Referats.
Kolonialzeitliche Prägung, langjährige Beziehungen
Die vom Afrika-Referat betreuten Sammlungen umfassen aktuell ca. 40.000 Objekte. Obwohl die Sammlungen während der gesamten Museumsgeschichte kontinuierlich erweitert und vertieft wurden und jährlich neue Erwerbungen und Schenkungen eingehen, hat ihnen die deutsche Kolonialzeit mit ihren Handels-, Missions-, und Kriegsaktivitäten ihren Stempel aufgedrückt. Dies zeigt sich insbesondere an den anteilsmäßig großen kolonialzeitlichen Sammlungen aus Kamerun, Kongo, Tansania, Namibia und Togo. Wie alle Sammlungen des Linden-Museums erlitt aber auch das Afrika-Referat Verluste durch Kriegsschäden oder Verkäufe und Abgaben vor Einführung der staatlichen Trägerschaft im Jahr 1973.
Die Sammlung wird kontinuierlich um neuere und zeitgenössische Kunst- und Kulturgegenstände ergänzt und deckt ein breites Spektrum von städtischen und ländlichen Alltagsobjekten, kunstvoll gestalteten Prestigeobjekten, kultisch bedeutungsvollen Hilfsmitteln, Beispielen der Souvenirkunst, modernen Kunstwerken und vielem mehr ab. Einige Forschungs- und Sammelschwerpunkte zeugen von einer langen Verbindung zwischen dem Linden-Museum und Gemeinschaften und Institutionen in Afrika, wie beispielsweise das Königreich Oku im Kameruner Grasland. Der Austausch zwischen dem Afrika-Referat und Oku wurde in den 1970er-Jahren von Hans-Joachim Koloss begründet und dauert bis heute an.
In den Afrika-Sammlungen des Linden-Museums sind sämtliche Regionen des Kontinents vertreten, mit Ausnahme von Nordafrika. Das hat damit zu tun, dass Länder wie Libyen, Marokko, Algerien oder Tunesien nach geografischen Kriterien Afrika, nach kulturhistorischen Kriterien (Islamisierung) aber auch dem Orient zugeordnet werden können. Am Linden-Museum befinden sie sich in der Zuständigkeit des „Orient“-Referats.
Zeitgenössische Perspektiven: Vielstimmigkeit, Kooperation und Restitution Vielstimmigkeit und Kooperation zwischen dem Linden-Museum, international vernetzten Forschenden und Künstler*innen in und aus Afrika und der afrikanischen Diaspora prägen die aktuelle und künftige Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit des Referats und erzählen von den inter- und transnationalen Beziehungen afrikanischer Akteur*innen mit Baden-Württemberg, Europa und der Welt.
Seit einigen Jahren ist Restitution (z. B. Objekte aus dem Benin Königreich an Nigeria 2022, Bibel und Peitsche von Hendrik Witbooi an Namibia 2019) ebenso wichtig wie Neuerwerbungen: Die sorgfältige Aufarbeitung von kolonialen Sammlungen durch Provenienzforschung und Forschungskooperationen führt zu Rückgaben von Objekten an die Nachfahren von Gemeinschaften, die im 19. und 20. Jahrhundert als Opfer kolonialer Gewalt ihres Kulturguts beraubt worden waren. Solche Restitutionsprozesse sind auch Ausgangpunkt aktueller und künftiger Kooperationsprojekte mit Vertreter*innen dieser Gemeinschaften: Gemeinschaftliche Forschung schafft neues Wissen und vielstimmige Perspektiven, die wiederum in die Sammlung einfließen.
Das Linden-Museum beherbergt Sammlungen aus beiden Amerikas sowie vereinzelt Objekte aus der Karibik. Die Gesamtzahl der Objekte auf den gesamten Doppelkontinent bezogen beträgt ungefähr 23.000.
Nordamerika
Sammlungsschwerpunkte im Bereich Nordamerika, also den Nationalstaaten Kanada und USA, liegen auf den US-amerikanischen Plains. Zu den herausragenden Sammlungen zählen hier Objekte der Mandan, Hidatsa und Crow. Den weitaus bedeutendsten Bestand bilden jedoch die Sammlungen Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied sowie Hermine von Württemberg. In der Sammlung Wied-Neuwied, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zusammengetragen wurde, befindet sich die Kleidung und die Bisonrobe des berühmten Mandan-Häuptlings Mato Tope (Four Bears), der diese als Geschenk an den Prinzen übergab. Eine kleine, jedoch ethnografisch wertvolle Sammlung stammt aus dem zirkum-polaren Bereich, aus der Kultur der Inuit und eine weitere von der kanadischen Nordwest-Küste. Im Bereich Lateinamerika, also dem spanisch- und portugiesisch-sprachigen Amerika liegt der Sammlungsschwerpunkt auf dem südamerikanischen Kontinent. Der ehemals sehr umfangreiche und qualitätvolle Bestand aus Mexiko fiel dem 2. Weltkrieg zum Opfer.
Alt-Peru
Ein Teil der Sammlung aus dem südamerikanischen Kontinent kommt von der peruanischen Küste. Die Sammlung Sutorius, entstanden im selben Zeitraum und Kontext wie viele andere große Alt-Peru-Sammlungen deutscher Museen, umfasst ungefähr 6000 Objekte, die größtenteils von der peruanischen Nordküste stammen. Sie gelangte zwischen 1910 und 1914 ins Museum. Es handelt sich dabei um Keramiken sowie Gold-Kupferobjekte der Moche- und Chimú-Kulturen. Der Keramikbestand aus der Nasca-Kultur ist wesentlich kleiner. Bemerkenswert ist die Sammlung alt-peruanischer Textilien, die etwa 800 Fragmente, aber auch einige spektakuläre Objekte wie zwei große Totentücher aus den Paracas- und Nasca-Kulturen umfasst. Die gesamte Alt-Peru-Sammlung stammt aus Raubgrabungen und hat leider keinen archäologisch gesicherten Kontext. Die Herkunft der Gold-Kupfermasken der Moche-Kultur konnte geklärt werden, ebenso wie ihre zeitliche Einordnung. Ein peruanischer Architekt organisierte nach den wissenschaftlichen Ausgrabungen durch Max Uhle Raubgrabungen im Areal der Mondpyramide (Huaca de la Luna) in der Nähe der heutigen Stadt Trujillo. Bei diesen Nachgrabungen stieß er offensichtlich auf die Grabkammer eines Fürsten. Er bot die Gold-Kupferobjekte zusammen mit den Keramiken auf dem Kunstmarkt an, wo sie Carl Sutorius erwarb. Allerdings verzichtete Sutorius leider auf den Erwerb der Keramiken, so dass nur zwei Masken und ein Fuchskopf in die Sammlung des Linden-Museums gelangten.
Amazonien
Das Amazonas-Gebiet ist durch unterschiedliche Bestände vertreten. Ein Teil stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert und wurde aus verschiedenen ethnografischen Sammlungen von Emil Zarges, dem württembergischen Konsul in Manaus, erworben. Ein weiterer Teil kam durch Tausch, vor allem mit dem Grassi-Museum in Leipzig, in das Linden-Museum. Aus diesem Tausch stammen Objekte, die während einer Expedition, die unter der Leitung von Wilhelm Kissenberth von 1908 bis 1911 die Regionen des unteren und mittleren Araguaya-Flusses erkundete, zusammengetragen wurden. In den Jahren ab 2005 konnte dieser bereits sehr gute Bestand durch den Ankauf der Sammlung Duschl bedeutend erweitert werden. Das Linden-Museum verfügt durch diesen Erwerb über einen hervorragenden Bestand von Objekten indigener Kulturen aus Zentral- und Nordwest-Amazonien. Hierzu zählen Objekte der Kaiapó, Karajá, Ka’apor, Parakatejé, Zoé, Xingú, Aparai-Wayana sowie Yanomami.
Mapuche
Weitere herausragende Sammlungen stammen von den Mapuche in Südchile. Der Schwerpunkt liegt hier auf der von Augustin Krämer, dem ersten Direktor des Linden-Museums, angekauften Sammlung von Silberschmuck, Keramiken, Textilien und vielen anderen Objektkategorien. Bemerkenswert ist die hohe Qualität dieser Sammlung, die in einem partizipativen Projekt gemeinsam mit Vertreter:innen der Mapuche aufgearbeitet werden konnte. Der Ausbau dieser Sammlung erfolgte ebenfalls partizipativ. Von Mapuche-Silberschmied:innen wurden zwei Trachten mit dem dazugehörigen Silberschmuck für das Linden-Museum angefertigt und dokumentiert. Ausführliche Informationen hierzu gibt es im Feature El „buen vivir“ mapuche – Was ist ein „gutes Leben“? in der Sammlung digital.
Sammlungsstrategie
Die Sammlungsstrategie des Amerika-Referates baut bislang auf den bisherigen Beständen auf. Es wird, soweit möglich, versucht, partizipativ und direkt vor Ort zu sammeln. Das Linden-Museum beherbergt Sammlungen aus beiden Amerikas sowie vereinzelt Objekte aus der Karibik.
Tel. +49.711.2022-402
Mail: stolle@lindenmuseum.de
Die Ostasien-Sammlung umfasst heute über 15.000 Objekte, vor allem aus China und Japan. Sie wurde im Jahr 1971 aus der damaligen Sammlung „Asien“ herausgetrennt und der Betreuung eines eigens neu eingestellten Kurators unterstellt, Dr. Klaus J. Brandt, dessen Spezialgebiet die Kunstgeschichte Japans war. Neben Objekten japanischer und chinesischer Provenienz wurden auch Objekte aus Korea und der Mongolei diesem Sammlungsbereich zugeordnet. Diese Regionen sind jedoch bis heute nur mit wenigen Objekten (je etwa 500 Objekte) vertreten. Die 1971 bereits bestehenden Sammlungsschwerpunkte Keramik und Bestattungskultur/Grabbeigaben wurden seither kontinuierlich ergänzt.
Ab 1974 standen für Ankäufe aus dem Zentralfonds und der Museumsstiftung des Landes Baden-Württemberg großzügige Mittel zur Verfügung, mit denen auf Auktionen und von spezialisierten Händlern zahlreiche bedeutende archäologische Stücke sowie Meisterwerke der vormodernen Kunst Japans und Chinas erworben wurden. Das Renommee Brandts, seine Netzwerke sowie die weithin beachteten Ausstellungen des Linden-Museums zu Aspekten chinesischer und japanischer Kunst brachten darüber hinaus zahlreiche Objektspenden, darunter einige sehr wertvolle Sammlungen. Während zahlreicher Forschungsaufenthalte in Japan erwarb Brandt vor Ort Kunst, Kunsthandwerk und Antiquitäten in höchster Qualität. Dabei unterstützten und berieten ihn japanische Fachkolleg:innen, die er auch bei der Planung von Präsentationen im Linden-Museum regelmäßig konsultierte.
Fokus der Ostasien-Sammlung sind die Kunst und Archäologie Chinas und Japans. Objekte der Alltagskultur sind lediglich in kleinerer Menge vorhanden und wurden kaum systematisch gesammelt.
Zu den wertvollsten Sammlungen gehören unter anderem:
Die Sammlung Trumpf
1969 wurde dem Linden-Museum eine Sammlung von über 800 japanischen Netsuke (Schmuckanhänger für Gürtel) und 237 Inro (am Gürtel zu tragende Döschen) von Anne und Christian Trumpf als Schenkung übergeben. Diese Sammlung sehr kunstvoll gestalteter Kleinobjekte war damals der Anlass, eine eigene Ostasien-Abteilung zu schaffen.
Die Sammlung Bälz
Erwin von Bälz (1849–1913), aus Bietigheim stammender Professor für Medizin an der Universität Tokyo und Leibarzt des Kaisers Meiji, baute während eines 29-jährigen Aufenthaltes in Japan gemeinsam mit seiner Frau Hanako eine Sammlung von knapp 3300 japanischen Bildrollen, Alben und Zeichnungen der Edo-Zeit (1603–1868) auf, die sie 1905 mit nach Deutschland brachten. Diese weltweit beachtete Sammlung japanischer Malerei wurde 1983 vom Landesgewerbemuseum dem Linden-Museum übergeben. Sie wurde durch zahlreiche Erwerbungen japanischer und chinesischer Malerei ergänzt.
Die Sammlung Eckert
Die Sammlung des 1935–1949 in Peking tätigen Arztes Erwin Eckert (1902–1994) umfasst eine beachtliche Zahl chinesischer Ritualbronzen aus der Shang-Zeit (16.–11. Jh. v. Chr.) sowie einige Keramikobjekte, Fragmente von Orakelknochen und andere Objekte aus der Frühzeit der chinesischen Kulturgeschichte. Diese Sammlung wurde zwischen 1975 und 1986 dem Museum übergeben. Durch Ankäufe wurden im Laufe der Zeit zahlreiche Ergänzungen dazu erworben.
Die Sammlung Löw-Beer
1978 erwarb das Linden-Museum die Sammlung des aus der Tschechoslowakei stammenden, deutsch-jüdischen Unternehmers und Galeristen Fritz Löw-Beer (1906–1976). Dieser hatte sich schon früh für chinesische Lackarbeiten begeistert, die er von Kunsthändlern in ganz Europa erwarb. Nach dem deutschen Überfall auf die Tschechoslowakei 1939 konnte Löw-Beer mit seiner Familie in die USA fliehen. Seine Sammlung, die zu dieser Zeit in den Niederlanden ausgestellt war ließ er sich dorthin nachsenden. Sie wurde nach dem Krieg wiederholt in europäischen und amerikanischen Museen ausgestellt. Die Lackobjekte aus drei Jahrtausenden umfassende Sammlung gehört durch die zahlreichen sehr frühen Lacke zu den weltweit bedeutendsten ihrer Art und stößt auch in China auf großes Interesse. Lackarbeiten aus China, aber auch aus Japan und Korea wurden dadurch zu einem Schwerpunkt der Sammlung, der durch Ankäufe kontinuierlich ergänzt wurde.
Tel. +49 711 2022 408
Mail: noack@lindenmuseum.de
Die Sammlungen des Referats Ozeanien umfassen Alltags-, Kunst- und Zeremonialobjekte aus den pazifischen Inselstaaten in Melanesien, Polynesien und Mikronesien sowie umfangreiche Bestände aus verschiedenen Regionen Australiens. In der Datenbank des Museums sind heute fast 30.000 Objekte aus Ozeanien und Australien verzeichnet, von denen allein ca. 23.000 Objekte zwischen 1884 und 1918 in die Sammlungen des heutigen Museums aufgenommen wurde. Diese kolonialzeitlichen Sammlungen stammen zum größten Teil aus den ehemaligen deutschen Kolonien in Nordost-Neuguinea, dem Bismarck-Archipel und den nördlichen Salomonen – wobei insbesondere die Sepikregion sowie Neuirland, Neubritannien, die Admiralitätsinseln und Bougainville mit zum Teil einzigartigen Beständen vertreten sind. Bedeutende Sammlungen sind darüber hinaus aus den ehemaligen deutschen Kolonien in Sāmoa und Mikronesien vorhanden (hier sind vor allem Palau, die Marshallinseln und die heutigen Föderierten Staaten von Mikronesien zu nennen). Auch das übrige Ozeanien ist mit wichtigen Sammlungen u. a. aus West- und Südneuguinea, Französisch-Polynesien, Aotearoa Neuseeland, Rapa Nui, Fidschi, Neukaledonien und Vanuatu vertreten. Von großer Bedeutung sind zudem die ebenfalls in diesem Zeitraum eingegangenen Sammlungen aus Zentralaustralien sowie dem Gebiet der heutigen Bundesstaaten Queensland und Victoria, deren Schwerpunkte Ritualobjekte, Waffen und Schmuck bilden.
Provenienzen
Es waren vor allem Beamte im Kolonialdienst, in den Regionen ansässige Händler, Pflanzer und Missionare sowie Teilnehmer an Forschungsreisen, die von ihnen zusammengetragene Sammlungen dem Linden-Museum übereigneten. Stellvertretend für zahlreiche weitere Objektgeber sollen hier der Pflanzer Richard Parkinson, der Gouverneur Deutsch-Neuguineas Albert Hahl, der Forschungsreisende Arthur Baessler, der Privatier Bruno Mencke, der Kaufmann Maximilian Thiel oder der Missionar Heinrich Fellmann genannt werden. Eine besondere Rolle kommt Augustin Krämer zu, dem ersten Direktor des Linden-Museums: Zahlreiche seiner Sammlungen, die er zwischen 1893 und 1910 auf mehreren Forschungsreisen in Ozeanien angelegt hatte, fanden den Weg in die Museumssammlungen. Der größte Teil der gut dokumentierten Stuttgarter Australien-Sammlung stammt aus dem Gebiet der Missionsstation Hermannsburg in Zentralaustralien und geht u. a. auf den Missionar Oskar Liebler zurück. Von großer Bedeutung für die Sammlung waren auch Mäzene, die Forschungsreisen förderten oder dem Museum im Handel – z. B. bei der Naturalienhandlung J.F.G. Umlauff in Hamburg – erworbene Sammlungen und Objekte übergaben. Durch Übernahmen aus anderen Institutionen wie dem ehemaligen Königlichen Naturalienkabinett, dem Landesgewerbemuseum Stuttgart oder dem Kolonialmuseum Berlin konnte die Ozeanien-Sammlung zudem erhebliche Bestände hinzugewinnen. Die in Teilen problematischen Erwerbskontexte sind bislang vielfach nicht erforscht.
Entwicklungen
In den Jahrzehnten zwischen 1920 und 1960 wuchs die Sammlung zwar kontinuierlich, aber nur langsam an. Erst mit dem Beginn der 1960er Jahre kaufte das Museum dann wieder umfangreiche Objektsammlungen an, durch die bereits bestehende Sammlungen insbesondere aus dem Sepikgebiet und dem Hochland Neuguineas erweitert werden konnten. Bis heute werden zentrale Bereiche und Schwerpunkte der Sammlung durch Neuerwerbungen gestärkt und in die Gegenwart fortgeführt. Dabei kommt seit Beginn der 1990er Jahre der zeitgenössischen Kunst Ozeaniens und des indigenen Australiens besondere Bedeutung zu. Malerei, Skulpturen, Zeichnungen und Druckgrafik von Künstler:innen aus Zentralaustralien und Arnhemland sowie Werke aus Aotearoa Neuseeland und Hawaiʻi machen aktuell den Großteil dieses Sammlungsbestandes aus.
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Dienstag bis Samstag, 10 – 17 Uhr
Sonn- und Feiertage, 10 – 18 Uhr
Ausstellungen
Sonderausstellungen
Dauerausstellungen