Startseite > Einzug ins Lackkabinett
Seit März 2024 wird eine herausragende Auswahl an Lackobjekten aus Japan und Korea sowie an roten Schnitzlackarbeiten und archäologischen Lacken aus China im Linden-Museum präsentiert. Anlass war die Neueröffnung von Teilbereichen der Dauerausstellung Ostasien, für die auch das Lackkabinett wiedereingerichtet wurde.
Bevor jedoch die einzelnen Objekte durch die zuständige Restauratorin an ihren finalen Standort in den Vitrinen platziert werden konnten, waren im Voraus wichtige konservatorische Vorbereitungsmaßahmen notwendig, die im Folgenden näher erläutert werden.
Einfach formuliert bestehen ostasiatische Lackobjekte aus dem Harz des Lackbaumes (rhus vernificera), das nach umfangreicher Aufbereitung in vielen dünnen Schichten auf einen Träger z. B. aus Bambus oder Holz aufgebracht wird und anschließend unter hoher Luftfeuchtigkeit aushärtet. Unter Zugabe sowie einer aufwendigen Einarbeitung von Pigmenten kann der Lack eingefärbt werden. So z. B. bewirkt die Zugabe von Zinnober eine rote und die Zugabe von Eisenoxid eine schwarze Färbung des Lacks. Die Oberflächen der Objekte sind oftmals aufwendig gestaltet. Als herausragendes Beispiel sei hier die Technik der Einlegearbeit genannt, die mittels dünner Plättchen aus Perlmutter, Metallfolie, Schildpatt oder Elfenbein in geometrischen oder floralen Formen in die obersten Lackschichten eingebracht wird und in absoluter Perfektion ausgeführt sein kann.
Wenn an einem Objekt unterschiedliche Materialien kombiniert sind, bedeutet dies, dass jedes verwendete Material andere Materialeigenschaften aufweist und unterschiedlich auf schwankende Luftfeuchtigkeits- und Temperaturwerte reagiert. Stark schwankende Klimawerte in der Umgebung können bewirken, dass sich der Lack im Gegensatz zur Einlegearbeit unterschiedlich ausdehnt oder zusammenzieht, was Spannungen im Material auslöst und irreversible Schäden, wie z. B. kleine Risse am Objekt hervorrufen kann. Fehlstellen oder Risse am Objekt, die bis zum hölzernen Kern reichen, stellen ebenfalls einen Angriffspunkt dar.
Basierend auf diesem Wissen musste bevor die Lackobjekte aus dem Depot entnommen wurden, eine Anpassung der Klimawerte der Ausstellungsvitrinen an die Klimawerte im Depot erfolgen. Mittels einer eingebauten Vorrichtung zur Feuchteregulierung der Vitrinen konnte allmählich eine Angleichung der Werte im Depot und in den Vitrinen erzielt werden. Mit einem digitalen Datalogger wurde das Klima engmaschig über den gesamten Zeitraum überwacht. Nachdem eine Stabilität der Klimakurven zu verzeichnen war, erfolgte der Umzug der Lackobjekte vom Depot in die Ausstellungsvitrinen des Lackkabinetts.
Viele Lackobjekte aus der Sammlung des Linden-Museums sind im Depot in einer individuell angepassten Holzkiste mit Deckel aus Kiriholz (jap. tomobako) verpackt, die wiederum paßgenau in eine größere Holzkiste eingelassen ist. Das Objekt in der innersten Holzkiste ist in ein Seidentuch gehüllt. Gesichert wird jede Holzkiste mit einem Band, das mit einem sogenannten Schmetterlingsknoten (jap. himokake) die Kiste verschließt. Solange sich das Objekt im Innern der Kisten befindet, sorgt diese traditionelle Verpackung durch die doppelte Kistenwandungen für ein stabiles Innenklima, was sich nur langfristig ans Außenklima anpasst.
Für die Neupräsentation des Lackkabinetts war es jedoch notwendig, dass die ausgewählten Lackobjekte die schützende Verpackung verlassen. Auch wenn die Temperatur- und Luftfeuchtigkeitswerte zur Zeit der Objektinstallation beinahe identisch waren, sollte die klimatische Anpassung der Lackobjekte, die eine eigene traditionelle Verpackung besitzen, sicherheitshalber langsam erfolgen. Dazu wurden die Objekte für einen längeren Zeitraum in ihren verschlossenen Verpackungen in die Vitrinen gestellt. Im Anschluss wurde die innere Kiste mit dem Objekt auf die geschlossene äußere Kiste gestellt und für eine weitere Zeitspanne in der Vitrine belassen. Dann erfolgte die Öffnung des inneren Kistendeckels, der versetzt auf den Kistenrand gelegt und wiederum für mehrere Tage dort belassen wurde. Den Abschluss der Akklimatisierung bildete die komplette Entnahme des Deckels. Die Lackobjekte wurden der inneren Holzkiste entnommen und auf ihren Platz innerhalb der Vitrine platziert.
Der gesamte Prozess der klimatischen Annäherung nahm mehrere Wochen in Anspruch. Vorbereitende Arbeiten, wie das Streichen der inneren Vitrinenflächen in der gewünschten Farbe, der Trocknungsprozess, als auch die Herstellung und Einbringung von Vitrinensockeln waren zu diesem Zeitpunkt bereits erledigt. Das unterstreicht die Wichtigkeit eines im Vorfeld gut kalkulierten Zeitplans für den gesamten Ausstellungsaufbau, in den auch andere Abteilungen des Museums eingebunden sind.
Im Anschluss an die Objektinstallation erfolgte die Einleuchtung der Objekte in den Vitrinen. Neben schwankenden Klimaparametern stellt der Faktor Licht einen weiteren wichtigen Faktor dar, den es bei der Ausstellung von Lackobjekten zu kontrollieren gilt. Zu intensive und zu langanhaltende Lichteinstrahlung kann bewirken, dass die dem Licht ausgesetzten Oberflächen matt werden und ausbleichen. Je nachdem, welches Pigment dem Lack zwecks Einfärbung beigemischt wurde, kann auch ein Verdunklungseffekt der Oberfläche eintreten.
Sogenannte Lichtschäden sind nicht mehr rückgängig zu machen und bleiben somit immer sichtbar. Sie zeigen sich besonders deutlich im direkten Kontrast zu Flächen, die z.B. von einem geschlossenen Deckel abgedeckt und somit nicht dem Licht ausgesetzt waren. Diese Flächen behalten ihre Farbigkeit und ihren Glanz und grenzen sich deutlich vom lichtgeschädigten Bereich ab. Mittels eines Luxmeters wurde die Beleuchtungsstärke kontrolliert und den empfindlichen Lackobjekten angepasst.
Um einerseits die Lackobjekte so wenig wie möglich dem Licht auszusetzen, andererseits aber die Lacksammlung den Besucher:innen präsentieren zu können, entschied man sich für einen Bewegungsmelder, der beim Betreten des Lackkabinetts aktiviert und dadurch die Objektbeleuchtung angeschaltet wird. Sobald der Bewegungsmelder innerhalb des Kabinetts keine Bewegungen mehr wahrnimmt, schaltet sich die Beleuchtung wieder aus.
Nachdem die Objektinstallation sowie die Ausleuchtung der Lackobjekte und Vitrinen abgeschlossen war, erfolgte das Rückräumen der leeren Holzkisten jeweils an den registrierten Standort im Depot. Somit kann bei einem Objektaustausch jedem Objekt wieder seine individuelle Holzkiste zugeordnet werden.
Die Neueinrichtung des Lackkabinetts stellt beispielhaft dar, welches umfangreiche Wissen Restaurator:innen über Materialkunde, Herstellungstechniken sowie naturwissenschaftliche Hintergründe besitzen müssen, um die im Alltag gestellten Aufgaben verantwortungsvoll und zum Wohl der Objekte erfüllen zu können.
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